Waldwirtschaft

Die Wildkatze gilt als eine Charakterart naturnaher und störungsarmer Waldgebiete. Sie benötigt ausreichenden Strukturreichtum in unterschiedlichen Ausprägungen aber auch Freiflächen, die vor allem zur Nahrungssuche dienen. Störungs‐ und Gefährdungsursachen der Wildkatze können im Wald gezielt minimiert werden und verschiedene Maßnahmen können die Habitatqualität in Wäldern erheblich verbessern. Die Wildkatze zählt daher auch zu den Waldzielarten der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz.

Eine Praxishilfe zum Download für Waldbewirtschaftende finden Sie hier.

Das Waldnaturschutz-Informationssystem bündelt alle relevanten Daten und Informationen zu den verschiedenen Themen und Instrumenten des Waldnaturschutzes in Baden-Württemberg. Das System stellt individuelle, auf die jeweilige Waldfläche zugeschnittene, relevante und praxistaugliche Informationen für die Waldbewirtschaftenden aller Waldbesitzarten zusammen.

Direkt zum Waldnaturschutz-Informationssystem

Eine Vielzahl an Maßnahmen, die der Lebensraumaufwertung für die Wildkatze dienen, werden bereits im Staatswald innerhalb verschiedener waldbaulicher Strategien und Pläne abgedeckt und umgesetzt. Da die Wildkatze im Rahmen der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz in Baden‐Württemberg eine wich­ti­ge Wald­ziel­art ist, werden bei der Waldbewirtschaftung ihre Lebensraumanforderungen entsprechend berücksichtigt und integriert. Viele dieser Maßnahmen sind auch im Privatwald einfach umzusetzen und können durch verschiedene Förderprogramme bezuschusst werden.

Alt- & Totholz erhalten

Ein hoher Totholzanteil im Wald bietet Prädations- und Witterungsschutz und hat daher eine hohe Bedeutung für die Wahl der Wurfplätze und Ruheplätze der Wildkatze.

Im Bestand verbleibende große Laubholzkronen oder –teile bieten Deckung und Unterschlupf.  Liegendes, teilweise hohles Stammholz, Kronenholz oder Wurzelteller dienen als Aufzuchtorte. Zusätzlich weisen Althölzer durch die vielen Unterschlüpfe, Verjüngung und Mast beste Bedingungen für Mäuse auf und fördern damit das Nahrungsangebot für die Wildkatze.

  • Durch die Ausweisung von Waldrefugien können diese wichtigen Strukturen erhalten bleiben
  • Entsprechen diese Flächen dem Alt- und Totholzkonzept von ForstBW, sind diese ökokontofähig

Wenn geeignete Großhöhlen fehlen, ziehen Wildkatzen ihre Jungen am Boden auf. Der Aufzuchterfolg ist jedoch geringer, da Prädatoren sowie Bodennässe die Jungkatzen gefährden. Trockene Faulhöhlen in alten Bäumen liegen oberhalb der Reichweite von Füchsen und Wildschweinen und stellen eine optimale Aufzuchtstätte dar.

  • Durch die Ausweisung von einzelnen Habitatbäumen oder Habitatbaumgruppen im Rahmen des Alt- und Totholzkonzeptes können diese Aufzuchtstätten langfristig gesichert werden
  • Im Rahmen der Nachhaltigen Waldwirtschaft (NWW) kann die Erhaltung von Altbäumen und Habitatbaumgruppen gefördert werden: Teil E - Vertragsnaturschutz im Wald

Waldränder pflegen

Durch die Pflege der Waldinnen- und Außenränder werden vielfältige Strukturen erhalten und gefördert. Der kleinflächige Wechsel zwischen dichten Hecken und lichten, besonnten Bereichen bietet ideale Deckungs- und Nahrungsbedingungen für die Wildkatze.

Lücken in dichten Waldstrukturen sollen natürliche Störungsereignisse imitieren, die zu offeneren Sukzessionsstadien führen und etwa Brombeere oder Brennessel begünstigen. Durch gezielte Eingriffe wird die Strukturvielfalt erhöht und Abwechslung in der Waldrandlinie geschaffen. So können auf kleinstem Raum schattige Bereiche neben besonnten Flächen und feuchte Abschnitte neben trockenen liegen. 

  • Einzelbaumentnahme  
  • Femel- oder Kleinstkahlschlag

Sonderstrukturen in Waldrandnähe bringen Abwechslung in homogene Waldbestände und sind wertvolle Habitate sowohl für die Wildkatze als auch für ihre Beutetiere. Hierzu zählen beispielsweise:

  • Felsen, Mauern, Lösswände
  • Quellen, Nassstellen, Bäche und Tümpel
  • Alt- und Totholz, Sträucher und Hecken

Stehendes und liegendes Totholz wertet Waldränder auf und ist eine einfache Möglichkeit, die Strukturvielfalt zu erhöhen. 

  • Erhalt starker Altbäume
  • belassen von 1 m hohen Baumstümpfen beim Fällen von Bäumen 
  • entwickeln von kleineren Derbholz- und Reisiginseln  

Sonderstandorte fördern

Naturnahe Wälder stellen den optimalen Lebensraum der Wildkatze dar. Verschiedene Bewirtschaftungskonzepte und Maßnahmen können jedoch auch in einem Wirtschaftswald für zusätzliche Vielfalt und Strukturreichtum sorgen.

Wildkatzen jagen auf Grund des guten Nahrungsangebots bevorzugt auf waldnahen oder im Wald gelegenen Wiesenflächen. In kleinräumig strukturierten Wald-Wiesen-Mischlandschaften können mehr Wildkatzen leben, da Möglichkeiten für Nahrungssuche und Deckung reichlich vorhanden sind.

  • ein- oder mehrmalige Mahd der Waldwiesen, spätestens alle drei Jahre
  • keine weitere Aufforstung von Wiesentälern

Extremwetterereignisse und somit Waldschäden durch Windwurf, Käfer oder Dürre nehmen zu. Solche Flächen sind aufgrund der großen Menge an Totholz sehr strukturreich und somit optimales Wildkatzenhabitat. Speziell für die Jungenaufzucht findet die Wildkatze hier ausreichend Rückzugsmöglichkeiten.

  • keine flächige Räumung
  • belassen des sturmgeworfenen Holzes auf der Fläche, zumindest im Zentrum der Fläche

Strukturreiche Naturverjüngung wird gegenüber gepflanzten Beständen von der Wildkatze bevorzugt, da sich durch das Nebeneinander von kleinen Offenstellen und niedrigen Bäumen und Büschen sowohl für das Nahrungsangebot als auch für Rückzugsmöglichkeiten der Wildkatze optimale Bedingungen ergeben.

  • nach Möglichkeit Prozessschutz
  • gegebenenfalls gezielte Pflanzungen von Hand

Fließgewässer und Säume von Feuchtbiotopen zählen zu den am häufigsten aufgesuchten Wildkatzenhabitaten. Gründe hierfür sind der Nahrungsreichtum sowie die geringe Störungsfrequenz durch Waldbesuchende (Sümpfe).

  • keine weiteren Entwässerungsmaßnahmen 
  • Rückbau von Entwässerungsanlagen
  • Renaturierung ehemaliger Feuchtgebiete und Bachtäler

Wildkatzen bevorzugen sonnenexponierte Liegeplätze, besonders Jungtiere sind auf trockene Plätze angewiesen.

  • Verzicht auf Baumanpflanzungen und ggf. Beseitigung von Waldbäumen an großen Felsen, ausgeprägten Kuppen, in Geröllzonen und an Steilabstürzen in sonnigen Lagen
  • Freihalten von alten Steinbrüchen und alten Weinbergen
  • In den Waldnaturschutzzielen 2020 der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz von ForstBW wird dies abgedeckt durch Ziel 3 – Lichte Waldbiotope auf Sonderstandorten erhalten
  • Das Aufwerten von terrestrisch-morphologischen Biotoptypen (insbesondere Felsen, Blockhalden, Hohlwege) kann ökokontofähig sein

Nieder- und Mittelwälder sind in der Regel störungsarm, bieten gute Bedingungen für Kleinsäuger und haben neben offenen, besonnten Bereichen auch ausreichend Strukturen, die als Rückzugsmöglichkeit dienen.

  • In den Waldnaturschutzzielen 2020 der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz von ForstBW wird dies abgedeckt durch Ziel 4 - Historische Waldnutzungsformen
  • Im Rahmen der Nachhaltigen Waldwirtschaft (NWW) kann die Einführung, Wiederaufnahme, Weiterbetrieb und Erhaltung der Nieder- oder Mittelwaldbewirtschaftung gefördert werden: Teil E - Vertragsnaturschutz im Wald
  • In Schonwäldern kann die Neuanlage und Entwicklung sowie flächige Erweiterung von Waldbeständen mit historischen, für den Arten- und Biotopschutz bedeutsamen Nutzungsformen ökokontofähig sein

Gefahren minimieren

Zusätzlich zur Aufwertung des Lebensraums gibt es einfache Möglichkeiten, Gefahren für Wildkatzen und andere Wildtiere im Wald gezielt zu minimieren.

Nicht nur Wildkatzen sondern auch andere Säugetiere klettern über Forstschutzzäune. Besonders weitmaschige Drahtzäune stellen eine Gefahr dar, es wurden zahlreiche Fälle belegt, in denen sich Wildkatzen und andere Arten in den Verknotungen verhakten und darin verendeten.

  • Besser Wuchshüllen oder Zäune aus Latten verwenden
  • Nicht benötigte Zäune abbauen und entsorgen

Die hohe natürliche Jungenmortalität von Wildkatzen wird zusätzlich durch anthropogene Faktoren verstärkt. Vor allem Waldarbeiten bergen eine Gefahr. In Wäldern mit Wildkatzenvorkommen sollte daher während der Jungenaufzucht (April bis August) auf

  • den Abtransport von Holzpoldern,
  • das Zerkleinern von Kronenmaterial durch Hackerunternehmen und
  • das Räumen von Windwurfflächen

verzichtet werden, da die Gefahr besteht, Gehecke zu zerstören.

Sollte das nicht möglich sein, kann das gezielte Stören von möglichen Wildkatzenverstecken ein bis zwei Tage vor den Forstarbeiten helfen. Die Mutterkatze wird sich ein neues Versteck für ihren Nachwuchs suchen.

Bei Flächenräumungen durch Brennholz-Selbstwerber kann es zu Störung zu unterschiedlichsten Zeiten auch abseits der Wege kommen. Sensibilisieren Sie Selbstwerber, wenn Sie Wildkatzen in Ihrem Revier haben.

Beruhigte oder aus der Nutzung genommene Waldflächen bieten Rückzugsmöglichkeiten für Wildtiere. Dies kann durch die Ausweisung unterschiedlicher Flächen geschehen:

  • Schutzgebiete
  • Bannwälder
  • kleinflächigere Waldrefugien
  • In den Waldnaturschutzzielen 2020 der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz von ForstBW wird dies abgedeckt durch Ziel 8 – Nutzungsfreie Wälder
  • Die Schaffung von Waldrefugien und Bannwäldern kann ökokontofähig sein

Hier finden Sie Ansprechpersonen, Fördermöglichkeiten und weiterführende Literatur, die Ihnen bei der Umsetzung von Maßnahmen für die Wildkatze im Wald helfen können.

Alt- & Totholzkonzept

Im Landesbetrieb ForstBW wird das Alt- und Totholzkonzept seit dem Jahr 2010 umgesetzt, welches von der FVA, der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) sowie Fachleuten aus verschiedenen Bereichen erarbeitet wurde.

Weitere Informationen sowie Praxishilfen zur Umsetzung finden Sie im Downloadbereich auf der Seite Alt- und Totholzkonzept der Website der FVA.

Gesamtkonzeption Waldnaturschutz

Die Gesamtkonzeption Waldnaturschutz von ForstBW ist ein umfassendes Instrument für den Naturschutz in den baden-württembergischen Staatswäldern. Sie ist so angelegt, dass der Kommunal-, der Körperschafts- und der Privatwald auf eigenen Wunsch Ziele und Maßnahmen daraus übernehmen können.

Die Konzeption verbindet bestehende Naturschutzkonzepte, um zehn definierte Naturschutzziele zu erreichen, die 2020 evaluiert und weiterentwickelt werden. Eines dieser Ziele ist der Aufbau eines Arteninformationssystems und Monitoring, das sich an Zielarten orientiert. Die Wildkatze ist eine solche Waldzielart, ihre Lebensraumansprüche werden daher in der Waldbewirtschaftung berücksichtigt.

Nachhaltige Waldwirtschaft

Der Förderwegweiser des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) bietet einen Überblick über verschiedene forstwirtschaftliche Fördermaßnahmen. Die Maßnahmen der Nachhaltigen Waldwirtschaft (NWW) eignen sich für private und kommunale Waldbesitzende besonders, um den Lebensraum im Wald für die Wildkatze attraktiver zu gestalten. Informationen zu förderfähigen Maßnahmen, Voraussetzungen und Höhe der Förderung finden Sie auf den Seiten des MLR. Für die Antragstellung wenden Sie sich bitte an die zuständige untere Forstbehörde.

Ökokonto

Im Rahmen der Eingriffsregelung stehen zahlreiche Ökokonto-Maßnahmen zur Verfügung, die der Wildkatze zugute kommen. In Baden-Württemberg wird das Verfahren der Anerkennung solcher Maßnahmen, das Bewertungsverfahren sowie die Handelbarkeit durch die Ökokonto-Verordnung (ÖKVO) einheitlich geregelt:

Auf den Seiten der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) finden Sie Hinweise zu Anwendung der ÖKVO sowie Beispiele zum Bewertungsverfahren. Das naturschutzrechtliche Ökokonto wird bei den jeweiligen unteren Naturschutzbehörden geführt (Landratsämter und kreisfreie Städte).

Warenkorb schließen

Warenkorb

Titel Anzahl Preis
Gesamtpreis: