Ziele und Maßnahmen zum Schutz der Wildkatze in Baden-Württemberg

Ziel des Aktionsplan Wildkatze sind die Erfassung und Förderung des Wildkatzenbestandes in Baden-Württemberg. Zusätzlich soll auch das Bewusstsein für diese sehr seltene und scheue Tierart in der Bevölkerung gestärkt werden. Diese Ziele sind in den vergangenen vier Jahren erarbeitet und ihre Umsetzung auf den Weg gebracht worden.

 

Trotz der hohen Anpassungsfähigkeit der Wildkatze an eine intensiv genutzte Kulturlandschaft, bleibt die Wildkatze eine waldgebundene Tierart, die auf eine ausreichende Vernetzung von Waldflächen angewiesen ist.

Seit einigen Jahren erobert sie langsam ihren ursprünglichen Lebensraum zurück. Bisher konzentriert sich das Hauptvorkommen in Baden-Württemberg auf die Rheinebene.  Waldgebiete wie der Schwarzwald und die Schwäbische Alb bieten große, geeignete Lebensräume für die Wildkatze, jedoch schränken die dichte Besiedlung, die Bundesautobahnen und Bahntrassen die natürliche Ausbreitungsbewegung in diese Lebensräume stark ein. Eine Verbesserung der Verbundsituation ist dringend erforderlich. Wie diese erreicht werden kann und welche Flächen hierbei von besonderer Bedeutung sind, wurde im Rahmen einer Flächenkonzeption und im Projekt "Wildkatze - Zielart für den Biotopverbund" in Zusammenarbeit mit dem Naturpark Südschwarzwald im Rahmen des Sonderprogramms zur Biologschen Vielfalt erarbeitet.

Als waldgebundene Tierart sind für die Wildkatze naturnahe strukturreiche Mischwälder, in denen natürliche Prozesse weitgehend ungestört ablaufen, der optimale Lebensraum. In diesen Wäldern ist durch den Wechsel von offenen und geschlossenen Bereichen die höchste ökologische Stabilität für alle wichtigen Faktoren wie Nahrung, Deckung, Ruhe- und Aufzuchtplätze vorhanden.

Waldwirtschaftliche Maßnahmen zum Schutz der Wildkatze werden bereits innerhalb bestehender waldbaulicher Strategien und Pläne umgesetzt (z.B. Alt- und Totholzkonzept) oder werden durch die Waldnaturschutzziele 2020 innerhalb der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz abgedeckt. Die wichtigsten Handlungsempfehlungen zur Aufwertung des Lebensraums und Förderung der Waldzielart Wildkatze wurden in Zusammenarbeit mit ForstBW zusammengetragen:

Der Straßenverkehr ist eine der Hauptgefährdungsursachen für die Wildkatze. Wildkatzen können auf der Suche nach neuen Lebensräumen oder innerhalb ihres Streifgebietes weite Strecken zurücklegen, wobei sie häufig auf viel befahrene Straßen treffen. Um viel befahrene Straßen überwinden zu können, ist die Wildkatze auf Querungshilfen angewiesen. Dies können Grünbrücken sein, die Wildkatze nutzt aber auch Fußgänger- und Verkehrsbrücken, Unterführungen und sogar kleinere Durchlässe. Bei der Infrastrukturplanung (Verkehrswege, Siedlungen, Ausweisung von Gewerbeflächen) ist darauf zu achten, die Zerschneidung von Lebensräumen zu minimieren und Maßnahmen zur Integration der Lebensraumansprüche von Wildtieren zu ergreifen:

Auch innerhalb von wirtschaftlich genutzten Wäldern kann die Wildkatze gestört und gefährdet werden. In Drahtgeflechtzäunen kann sie sich beim Überklettern verfangen. Bei forstlichen Eingriffen wie dem Zerkleinern von Kronenmaterial, Abtransport von Holzpoltern, oder Zurückklappen von Wurzeltellern bei der Windwurfaufarbeitung in der Zeit der Jungenaufzucht kann vor allem der Nachwuchs zusätzlich gefährdet werden.

Einer der wichtigsten Bausteine im Aktionsplan Wildkatze ist das Monitoring von Wildkatzen, und insbesondere von Totfunden. Es zeigt neben den Vorkommensnachweisen und Todesursachen auch die bedeutensten Unfallschwerpunkte auf.

Obwohl die Hauskatze (Felis catus) nicht von der Europäischen Wildkatze (Felis silvestris) abstammt, gehören sie dennoch zur selben Gattung. Beide sind in der Lage sich zu kreuzen und fertile Nachkommen miteinander zu zeugen. Daher kam es in der Vergangenheit und kommt es auch aktuell zu Hybridindividuen in Baden-Württemberg. Ein erhöhter Anteil an Hybriden in einer Population wird häufig nach der Ausbreitung in neue Verbreitungsgebiete bzw verstärkt an Verbreitungsrändern gefunden. Beide Faktoren treffen auf die Vorkommen in Baden-Württemberg zu.

Um der Hybridisierung mit verwilderten Hauskatzen entgegenzuwirken, wurden Informationsmaterialien für relevante Personengruppen aus dem Tierschutz wie Tierärzte, Tierheime und Tierschutzorganisationen erarbeitet:

Ob die Wildkatzen durch die Hybridisierung mit Hauskatzen in Baden-Württemberg gefährdet sind, ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht feststellbar. Für die gesamte Wildkatzenpopulation in Deutschland wurde in einer deutschlandweiten Studie von Steyer et al 2016 ein niedrigerer Anteil an Hybriden von 3,9 % berechnet. Ein langfristig angelegtes Monitoring hat die Aufgabe den Hybridisierungsgrad mittels wildtiergenetischen Methoden zu erfassen:

Neue Erkenntnisse über die Wildkatze helfen zu beurteilen, welche Maßnahmen für den Schutz dieser streng geschützten und seltenen Tierart sinnvoll sind. Die gewonnenen Daten zum Raum‐Zeit‐Verhalten der Wildkatzen in der Kulturlandschaft verschaffen ein besseres Verständnis, wie anpassungsfähig diese Tierarten tatsächlich sind und wie sie die intensiv anthropogen genutzte Landschaft wahrnehmen und für sich nutzen können.

Weitere, aktuelle und noch zu beantwortende Forschungsfragen zur Wildkatze in Baden-Württemberg sind u.a.

  • Bis zu welcher Höhenlage breiten sich die Wildkatzen im Schwarzwald aus?
  • Wie hoch ist das Ausmaß der Hybridiserung in Baden-Württemberg und was sind Faktoren, die sie begünstigen?
  • Wie unterscheiden sich Wildkatzenhybride in ihrem Aussehen und ihrem Verhalten von Wildkatzen bzw. Hauskatzen?
  • Wie sind die Populationsdichten in den Hauptvorkommen?

Ein internationalen Netzwerks von Wildkatzenexpertinnen und -experten wurde aufgebaut zum Austausch von Daten und Wissen zum Schutz der Wildkatze:

Ziel ist es, das Wissen über die Wildkatze in Baden-Württemberg in der Öffentlichkeit zu verbessern und die Akzeptanz dieser seltenen Witerart zu erhöhen. In Zusammenarbeit mit dem Wildtierfotograf und Förster Klaus Echle entstand das Buch: Wildkatzen - Rückkehr in unsere Wälder, erschienen im Knesebeckverlag.

In nie gesehenen Bildern porträtiert der preisgekrönte Naturfotograf Klaus Echle die heimliche Waldbewohnerin und ihre Lebensweise. Dokumentarische Fotos zeigen, wie Menschen die Tiere erforschen. In informativen Texten erfährt der Leser Wissenswertes zur Wildkatze und dazu, warum dieses Tier so schützenswert ist und wie seine Rückkehr in die Wälder dauerhaft gelingen kann.

Vier Faktenblätter mit Informationen für verschiedene Handlungsfelder: Tierschutz, Jagd, Waldwirtschaft und Biotopverbund wurden erarbeit und stehen in Kürze in gedruckter und digitaler Form zur Verfügung.

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