Die Europäische Wildkatze

Biologie

Die Wildkatze ist ein heimisches Wildtier und von ihrer Größe vergleichbar mit gewöhnlichen Hauskatzen. Sie kann eine Schulterhöhe bis etwa 40 cm erreichen. Männchen wiegen zwischen 3,5 und 6,5 kg und haben eine Kopf-Rumpf-Länge von 50-69 cm, Weibchen sind mit 3 -4,5 kg und einer KRL von 47-60 cm etwas leichter und kleiner.

Rein optisch lassen sich Wildkatze und Hauskatze nicht sicher voneinander unterscheiden. Zahlreiche phänotypische Merkmale gelten zwar als Hinweis für die Wildkatze, viele davon sind jedoch auch bei wildfarbenen Hauskatzen vorhanden. Die zuverlässigsten Unterscheidungsmerkmale sind:

  • die verwaschene Fellzeichnung der Flanken
  • die dunkle Rückenlinie, die vor der Schwanzwurzel endet (Aalstrich)
  • der dicke, stumpfendige, schwarz-geringelte Schwanz

Das Fell der Wildkatzen besitzt immer einen ockerfarbenen Grundton, der sich bei Hauskatzen eher blaugräulich abzeichnet. Die Färbung des Nasenspiegels, die Teilfärbung der Ferse (Nehring’scher Fersenfleck) sowie die Körperstatur sind unzuverlässige Merkmale, da sie in beiden Unterarten sehr variieren können. 

Junge Wild- und Hauskatzen sind äußerlich kaum zu unterscheiden, die typischen Wildkatzenmerkmale sind bei Jungtieren noch nicht oder nur schwach ausgeprägt. Bei Wildkätzchen sehen jedoch alle Tiere eines Wurfes identisch aus.

Es gibt bisher nur zwei Möglichkeiten Wildkatzen sicher zu identifizieren: einen genetischen Wildkatzennachweis mithilfe von DNA-Material oder einen Nachweis auf Grundlage einer morphologischen Untersuchung. Letzteres ist jedoch nur bei toten Katzen möglich, da die sichersten Unterscheidungsmerkmale die Darmlänge sowie das Schädelvolumen sind.

Hybride können ein sehr unterschiedliches Erscheinungsbild haben:

Hybride anhand ihres Aussehens als solche zu erkennen, ist je nach Ausprägung von wildkatzentypischen Merkmalen eine anspruchsvolle Aufgabe. 

Die Ranzzeit der Wildkatze liegt zwischen Januar und März, während dieser Monate wird auch die Lockstockmethode angewandt, mit der genetische Wildkatzennachweise erbracht werden können. Nach einer Tragzeit von etwa 68 Tagen kommen die Jungen (zwei bis maximal sechs Junge pro Wurf) meist im März und April zur Welt. Bei sehr frühen Würfen oder Verlust des Ersten kann es bei guten Bedingungen zu einem zweiten Wurf im Herbst kommen. Diese Herbstkätzchen kommen dann meist im September zur Welt. Die Jungen bleiben bis zu einem halben Jahr bei der Mutterkatze, bevor sie sich ein eigenes Revier suchen. Weibchen erreichen nach dem ersten Lebensjahr ihre Geschlechtsreife, Männchen im zweiten Jahr.

Die Wildkatze ernährt sich fast ausschließlich karnivor und hat sich auf das Jagen von Mäusen (vor allem Wühlmäuse) spezialisiert. In Ausnahmefällen kann sie auch auf Kleinvögel, Eidechsen, Insekten oder Amphibien zurückgreifen. Pflanzliche Nahrung kommt so gut wie nicht vor.

Ökologie

Die Europäische Wildkatze (Felis silvestris) ist in Europa weit verbreitet. Sie kommt sowohl auf der Iberischen Halbinsel als auch auf dem Balkan vor. Die Vorkommen sind jedoch teilweise räumlich stark voneinander isoliert und meist auf größere Waldgebiete beschränkt. Das größte zusammenhängende Wildkatzenvorkommen in Mitteleuropa reicht derzeit von Nordostfrankreich und Ostbelgien über Luxemburg nach Südwestdeutschland.

In Deutschland beschränkt sich das Vorkommen zum Großteil auf die Mittelgebirgsregionen in Süd-, West- und Mitteldeutschland.

In Baden-Württemberg ist ihr Hauptverbreitungsgebiet die Rheinebene, aber auch hier erobert sie sich ihren ürsprunglichen Lebensraum langsam zurück. Eine detaillierte Karte und Informationen zur Verbreitung in Baden-Württemberg finden Sie auf der Seite "Zahlen und Fakten".

Auch als “Waldkatze“ bezeichnet, benötigt sie als wichtigsten Habitattyp den Wald. Strukturreiche Laub- und Mischwälder sind die bevorzugten Lebensräume der Wildkatze, dennoch werden auch Nadelwälder besiedelt. Ein Mosaik aus dichten und lichten strukturreichen Waldbeständen fördert sowohl das Beuteangebot als auch die Vielzahl an Versteckmöglichkeiten. Nach den Erkenntnissen neuerer Studien und den Ergebnissen des Forschungsprojektes zur Wildkatze am Kaiserstuhl wird auch strukturiertes Offenland als dauerhafter Lebensraum genutzt, wobei aber speziell die Weibchen stark waldgebunden bleiben.

Essenziell als Ruheplätze und für die Jungenaufzucht sind strukturgebende Elemente wie:

  • liegendes Totholz (Reisighaufen und Wurzelteller)
  • Baumhöhlen in stehendem Totholz
  • Unterwuchs (z.B. Brombeere)
  • viele Vegetationsschichten und Naturverjüngungsflächen
  • Felsspalten
  • verlassene Fuchs- und Dachsbaue
  • ausgediente Hochsitze, Schuppen und Bunkeranlagen sowie
  • intakte Waldränder

Bevorzugt werden auch waldrand- und gewässernahe Wiesen und Lichtungen, die eine gute Mäusejagd ermöglichen.

Die Wildkatze ist eine wärme- und trockenheitsliebende Art und besiedelt somit vorzugsweise Mittelgebirgslagen und meidet höhere Lagen. Dort ist mit hohen Schneelagen der Nahrungserwerb erschwert.

Die Wildkatze ist eine Einzelgängerin. Da ihre Aktivität stark an die der Beutetiere gebunden ist, ist sie vor allem dämmerungs- und nachtaktiv. Tagaktivitäten sind aber nicht ausgeschlossen. Sie ist ein sehr scheues Wildtier und lebt heimlich und versteckt. Menschen bekommen sie daher kaum zu Gesicht.

Die Streifgebiete der Weibchen sind meist zwischen 100 und 500 ha groß und bleiben weitgehend stabil. Die Männchen leben halbnomadisch, ihre Streifgebiete sind daher um einiges größer, können bis zu 1200 ha betragen und die mehrerer Weibchen überlappen. Männchen sowie Weibchen sind auf Deckung angewiesen, denn ins Offenland wagen sie sich nur wenige 100 m. Landschaftselemente wie Hecken und Feldgehölze sind daher essenziell, da sie benötigt werden, um einzelne Lebensräume zu vernetzen.

Gefahren und Schutz

EU

Die Wildkatze ist auf Europäischer Ebene in Anhang IV der FFH-Richtlinie (92/43/EWG) geführt und zählt somit zu den "streng zu schützenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse". Damit sind nicht nur die Tierart selbst sondern auch ihre Fortpflanzungs- und Ruhestätten unter Schutz gestellt.

Die Berner Konvention zur Erhaltung der Europäischen wild lebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume von 1985 listet die Wildkatze als streng zu schützende Tierart im Anhang II.

Deutschland

Nach dem Bundesnaturschutzgesetz (§7 BNatSchG) ist die Wildkatze eine streng geschützte Art. Dem Bundesjagdgesetz nach gehört die Wildkatze zwar zu den jagdbaren Arten, hat aber keine Jagdzeit.

Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg ist die Wildkatze dem Schutzmanagement des Jagd- und Wildtiermanagementgesetzes unterstellt (§7 JWMG). Insbesondere die Inhaberinnen und Inhaber des Jagdrechts und die jagdausübungsberechtigten Personen tragen mit Hegemaßnahmen, durch Unterstützung des Wildtiermonitorings und Berichtswesens und durch die Mitwirkung an der Erstellung und Umsetzung von Fachkonzepten zum Schutzmanagement bei.

Nachdem die Bejagung im 19. Jahrhundert maßgeblich zum Rückgang der Art beigetragen hat, sind die heutigen Hauptgefährdungen der zunehmend durch den Menschen beeinflussten Landschaft geschuldet:

  • der Verlust und die Verschlechterung von geeigneten Lebensräumen
  • die hohe Mortalität durch den Straßenverkehr
  • je nach Verbreitungsgebiet Hybridisierung durch Hauskatzen

 

 

Lebensraumverschlechterung

Zur Lebensraumverschlechterung zählen neben der dichten Besiedlung und der damit verbundenen wegfallenden Ausbreitungsmöglichkeiten auch eine auf Strukturarmut ausgerichtete Waldbewirtschaftung, das Fehlen von Alt- und Totholz, ein dichtes Wegenetz, strukturarme Waldränder und die zunehmende Störungsbelastung durch Freizeitaktivitäten in den Wäldern.

Straßenmortalität

Der positive Ausbreitungstrend wird negativ von einer hohen Straßenmortalität beeinflusst, die sich in der hohen Anzahl von tot aufgefundenen Tieren widerspiegelt. Die tatsächliche Zahl überfahrener Tiere ist vermutlich um ein Vielfaches höher. Vor allem Bundesstraßen und Autobahnen stellen ein erhöhtes Unfallrisiko dar, aber auch Landstraßen, die geeignete Lebensräume durchschneiden, können ein Risiko für lokale Vorkommen darstellen.

Hohe Jungensterblichkeit

Die Jungensterblichkeit ist bei Wildkatzen mit bis zu 80% bis zum 5. Lebensmonat sehr hoch. Todesursachen sind weitestgehend unbekannt, die Prädation durch größere Beutegreifer (Rotfuchs, Baummarder oder Haushunde) spielt jedoch eine Rolle.

Gefährdung durch Infektionskrankheiten

Die Bedeutung von Erkrankungen als Gefährdung für die Wildkatze ist bislang ungenügend untersucht. Die Gefährdung durch Infektionskrankheiten, die von Hauskatzen übertragen werden, scheint laut bisheriger Studien gering zu sein. Dennoch kam es in manchen Regionen Deutschlands, darunter auch in der Oberrheinebene, zu tödlichen Infektionen mit dem Feline Leukosevirus (FeLV).

Der Wildkatze kommen jegliche Maßnahmen, die den Strukturreichtum in ihrem Lebensraum fördern zugute. Des Weiteren ist sie auf die Vernetzung einzelner Habitate angewiesen, um die natürliche Ausbreitung der Population zu fördern.

Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, mit denen verschiedene Personengruppen zum Schutz der Wildkatze beitragen können. Diese sind auf der Seite "Maßnahmen" zielgruppenorientiert zusammengestellt.

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